Scheidung – Das Trennungsjahr
Zunächst einmal stellt sich die Frage, ab wann eine Trennung vorliegt. Dies ist immer dann eindeutig der Fall, wenn die Ehegatten bereits in getrennten Immobilien wohnen. Es gibt aber auch Fälle, in denen die Partner noch im selben Haus wohnen und trotzdem eine Trennung unterstellt werden kann.
Voraussetzungen für eine Trennung
Gemäß der aktuellen Rechtsprechung ist immer dann von einer Trennung auszugehen, wenn die Partner getrennt wirtschaften, d.h. getrennt einkaufen, kochen, essen, etc. und auch kein gemeinsames Schlafzimmer mehr nutzen. Das kann auch der Fall sein, wenn beide, z.B. aus finanziellen Gründen, noch das gleiche Haus bewohnen.
Der Gesetzgeber hat sich bewusst dazu entschieden, die Ehepartner nicht zur räumlichen Trennung zu verpflichten. Denn: Eine Trennung soll nicht noch durch gesetzliche Normen befördert oder gefestigt werden.
Hausnutzung nach Trennung und im Trennungsjahr
Trotzdem entscheiden sich fast alle Ehepaare für eine räumliche Trennung. In der Regel zieht erst einmal ein Ehepartner aus. Hat der Ausgezogene innerhalb von 6 Monaten nach seinem Auszug keine ernsthafte Rückkehrabsicht bekundet, so geht der Gesetzgeber davon aus, dass der ausgezogene Ehegatte dem verbliebenen Ehegatten das alleinige Nutzungsrecht überlassen hat. Der Ausgezogene hat das Recht, ein Entgelt für die Nutzungsüberlassung zu verlangen, da der in dem Haus wohnende Ehegatte jetzt einen Wohnvorteil besitzt.
Zur Berechnung des Wohnvorteils ist der ortsübliche Mietenspiegel heranzuziehen, aus dem der Mietwert der Immobilie abgeleitet wird. Der noch im Haus wohnende Ehegatte kann diesen Vorteil direkt an den anderen Ehegatten auskehren (Ausgleichszahlung). Oder aber der Vorteil wird im Rahmen möglicher Unterhaltsforderungen berücksichtigt (Hinzurechnung des Wohnvorteils zum Nettoeinkommen).
Beispiel: Eine Ehefrau bleibt nach der Trennung im Haus wohnen. Der Wohnwert beträgt laut Mietenspiegel 700 Euro. Sie verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen von 1.500 Euro. Demnach erhöht sich ihr Nettoeinkommen, das der Unterhaltsberechnung zugrunde zu legen ist, auf 2.200 Euro.
Der Wohnwert kann aber auch unterhalb des objektiven Mietwerts angesetzt werden, wenn der in der Immobilie wohnende Ehegatte eigentlich gar nicht so eine große Immobilie benötigt. Diese Sonderregelung gilt allerdings nur in der Trennungszeit, d.h. bis der Scheidungsantrag eingereicht wurde (danach gilt der objektive Mietwert uneingeschränkt).